Die Chinesische Mauer--Inhaltsangabe

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Inhaltsangabe

[Das Vorspiel] Der Heutige, eine theatralische Gestalt, stellt dem Publikum das Spiel vor. Er zeigt ihm vor einem Zwischenvorhang eine realistische Abbildung der Chinesischen Mauer und teilt ihm die Figuren, die in diesem Spiel auftreten werden, mit und erklärt ihm, was die Chinesische Mauer für die Menschheit bedeutet. Nach dieser Einführung wird der Heutige selbst eine dramatische Figur in dieser Farce. Olan tritt mit ihrem stummen Sohn zu ihm und teilt ihm mit, dass sie hierher gekommen sind, um den Kaiser Hwang Ti zu sehen. Die Mutter vertraut ihm auch an, dass hier im Land ein böses Gerede gegen den Kaiser verbreitet wird und der mystische Mann, der all das verbreitet, heißt Ming Ko oder die Stimme des Volkes. Ein Ausrufer kündigt an, dass im Kaiserreich Tsin She Hwang Tis ein letzter Widersacher lebt und er wird gleich in "den hintersten Winkeln unseres Reiches"  gefunden. Der Heutige benutzt dann ihr Gespräch, um zu zeigen, dass das die grundlegende Situation dieses Spiels ist. Er macht auch deutlich, dass alles auf der Bühne nur ein Spiel ist und dabei keine realistische Illusion versucht wird. Diese theatralischen Verdeutlichung gehört zu dem Versuch, zu versichern, dass "die Bühne Bühne bleibt".
[Szene 1] Dann fängt das eigentliche Spiel mit der Polonaise der historischen Masken an. Der Heutige tritt zu einer der Masken, Napoleon. Er erklärt dem Kaiser Frankreichs die Situation der heutigen Welt und bittet ihn, nicht zurückzukommen, weil ein Tyrann zu gefährlich für die moderne Welt sei.
[Szene 2] Da Hing Yen, Der Zeremoniemeister tritt auf und kündigt den Gästen die Speisekarte an. 
[Szene 3] Andere Masken treten auf und der Heutige nähert sich Philip von Spanien an. Er sagt dem spanischen König auch zu, nicht zurückzukommen, weil die Methoden der Inquisition heute nicht zu leisten sei.
[Szene 4] Da Hing Yen, der Zeremonienmeister kündigt ganz formell den Einzug des Kaisers an. Der Heutige sagt ihm, dass er den Kaiser sehen möchte. Dabei vermittelt er einerseits die allgemeinen Kenntnisse der chinesischen Mauer, andererseits nennt er die chinesische Mauer "Schlange aus Stein", "Unding" und "Denkmal des Wahns".
[Szene 5] Bevor der Kaise ankommt, tritt seine Tochter Mee Lan, gefolgt von ihrer Dienerin auf. Sie sieht alles durch und drückt ihren Verdruß mit "Männern" um ihr herum, insbesondere ihrem Vater und dem Prinz, der ihr den Hof macht. Auf der anderen Seite will sie doch unbedingt Min Ko, die Stimme des Volkes, den sein Vater verhaften und als den letzten Feind des Kaiserreichs liquidieren will, sehen und lieben.
[Szene 6] Mee Lan spricht das Publikum direkt an. Sie zeigt deutlich ihren Unmut über die Phraserei des Kaisers, dass auf dieser Welt nur eine einzige Ordnung gibt. Zugleich verhüllt sie ihren Verdrießlichkeit darüber nicht, dass die Zuschauer seine Reden bloss anhören und nichts dagegen tun.
[Szene 7] Der Heutige tritt aus seinem Versteck im kaiserlichen Park heraus und beruhigt Mee Lan, die von seine Erscheinung erschreckt wird. Sie führen dann einen langen Dialog. Mee Lan interessiert sich hauptsächlich, wen sie lieben wird. Der Heutige berichtet ihr jedoch über die Forschungsergebnisse der modernen Physik und die anschließende Gefahr, dass die Herrscher die Welt mit der neulich entwickelten Wasserstoffbombe zerstören können, indem sie einfach auf die Schalter drücken. Er erzählt ihr auch, dass der Mensch auf den Mond gekommen ist. Der Zeremonienmeister, der dann eintritt, teilt ihr mit, dass ihr Vater angekommen ist. Mee Lan aber glaubt, dass der Heutige Min Ko sei, und versteckt ihn vor dem Vater.
[Szene 8] Der Kaiser Hwang Ti tritt auf. Spalier wird gebildet. Ein Journalist kommt mit einer modernen Kamera und macht von dem Zeremonienmeister eine Aufnahme mit einem Blitzlicht. Die Maske Brutus spricht in Versen unerbittlich gegen die Tyrannei. Inconnue aber erklärt ihm, dass man ihn nicht höre und alles "in einer ganz anderen Zeit" spiele. Hwang Ti kündigt an, dass die Welt endlich frei sei. Da der endgültige Frieden und die endgültige Ordnung die "einzige Sache" ist, für die er seit seiner Herrschaft gekämpft hat, sollten sich seine Getreuen nicht vor der Zukunft fürchten: Der letzte Widersacher seines Reichs, der sich die Stimme des Volkes nennt, sei verhaftet. Gegen ihn werde er "Gericht halten", das nicht lange dauern werde. Die Gäste werden aber allseitig betreut mit Musik, Kultur--und auch mit "Theater".
[Szene 9] Hwang Ti und Mee Lan sind allein auf der Bühne, nachdem sein Gefolge sich entfernt haben. Mee Lan sagt ihrem Vater die Wahrheit über die Zukunft, nämlich das, was der Heutige ihr vorher erzählt hat. Der Vater rät ihr jedoch, eine positive Lebenshaltung zu bewahren und stellt ihr den Prinz als einen Helden und ihren Freier vor. Mee Lan aber macht ihm deutlich, dass nichts bei ihrem Vater wahr ist und alles nicht als Theater ist. Sie sagt ihm auch, dass sie den heroischen Prinzen nicht mehr liebt, und anstattdessen Min Ko liebt. Hwang Ti teilt ihr mit, dass Min Ko verhaftet ist, weil er, als er den Kaiser sah, nicht wie die anderen jübelte. Auf Mee Lans Frage, ob dieser Mann stumm sein könne, erwidert der Kaiser, dass dieser Spötter seinen endgültigen Sieg mit seine verstellte Stummheit verspottet. Offensichtlich sieht er das "Glotzen" und Schweigen des Mannes als einen offenen Spott über ihn an. 
[Szene 10] Der Heutige tritt aus seinem Versteck hervor und stellt sich dem Kaiser vor. Nachdem Hwang Ti seine anfängliche Überraschung unterdrückt hat, heißt er den Heutigen willkommen und verlangt, dass der Heutige das Gefolge des Kaiser zu einem Schau-Prozess gegen den stummen Mann zu rufen. Der Heutige geht aber nicht und erklärt ihm, dass er ihn sprechen möchte. Er wollte ihm die Wahrheit sagen, aber da Hwang Ti immer wieder seinen Dolch zückt, muss er schweigen und weggehen. Da tritt er auf eine verloren umherstehende Maske, die er dann als Henry Dunant erkennt. 
[Szene 11] Der Kaiser ist plötzlich allein auf der Bühne und wendet sich ans Publikum. Er wendet sich gegen die "Dramaturgie" des Publikums ein, dass er heute abend von seinem Thron gestürzt wird, weil ein Stück immer einen Schluß und eine Bedeutung haben muss. In seinem Einwand zeigt er auch seine Kenntnis des Lebensstils der modernen Menschen--nach Hause "fahren", "Bier" trinken und "Salzstengel" essen. Um sie zu überzeugen, lässt er sie auf der Strasse eine "Zeitung" kaufen und seinen Namen auf der ersten Seite lesen. 
[Szene 12] Die Maske Cleopatra tritt auf. Dieser ägyptischen Königin gegenüber gesteht Hwang Ti, dass die Lage ernst ist. Sie erzählt ihm ihre Erfahrung von "Männern, die Geschichte machen" und characterisiert sie als "einsame" Männer. Dann sagt der Kaiser ihr die Wahrheit, dass niemand seine Phrasen glaubt und, wenn er seine "Verleumder" töten ließ, so wurde er als "Mörder" und "Bluthund" genannt. Wenn Cleopatra ihn tröstet und ihm ihr volles Verständnis für ihn zeigt, küsst er sie gerührt. Wenn der Zeremonienmeister die Ankunft des Prinzen anmeldet, vertraut Hwang Ti Cleopatra an, dass er sich vom Staatsgeschäft zurückziehen und gern ein privates Leben als ein Privatmann führen werde. 
[Szene 13] Prinz tritt auf. Wenn er beteuert, dass er nur seine Pflicht als Pflicht erfüllt habe und niemals um eines Dankes oder eines Lohnes willen gekämpft habe, sagt Hwang Ti, dass er sein Wort halte und dem Helden seine Tochter als Gattin zum Dank gebe. Anschließend fangen sie an, sich über das Geschäft der Großen Mauer zu verhandeln. Die beiden zeigen sich als erfahrene Geschäftsleute. 
[Szene 14] Der Heutige teilt Hwang Ti mit, dass sich das Hofgefolge auf Befehl zum Schau-Prozess versammeln. Wenn Hwang Ti dem Prinzen sein Vorhaben erklärt, erzählt der Prinz ihm, dass er schon alles wisse und mehr: das aufständische Volk schon vor seinen Toren mit Steinen seine Herausgabe fordere. Der Heutige weist ihm ironisch zurecht, dass die Leute draußen nicht das "wahre Volk" und nicht "unser Volk", sonder "Agitatoren, Spione, Terroristen, Elemente" seien. Wer das wahre Volk ist, werde von Herrschern bestimmt und sei stets mit ihnen zufrieden. Hwang Ti befiehlt den Prinz, die Aufständischen als "Agitatoren, Spione, Terroristen, Elemente" zu behandeln, bevor er sein Schwiegersohn wird. 
[Szene 15] Der Prinz, nun ganz allein, wendet sich ans Publikum und beklagt sich über den Kaiser. Er entlarvt die Phrasen des Kaisers wie "Endgültige Ordnung" und "Wahre Ordnung" und sein falsches Versprechen. Er deutet sein Vorhaben an, Hwang Ti vom Thron zu stürzen. 
[Szene 16] Die Masken treten wieder auf die Bühne, unter ihnen Inconnue mit einem Körbchen. Napoleon and Philip von Spanien beklagen sich darüber, dass sie nicht wiedeerkrehren dürfen. Don Juan und Columbus führen ein Dialog. Don Juan denkt sich an die Zeiten vor Columbus und Marco Polo und nennt die alten Zeiten die der Hoffnung und sieht keine Räume der Hoffnung in der heutigen Welt. Columbus glaubt auf der anderen Seite, keinen Grund zu haben, verzweifelt zu sein, da er die Wahrheit (Indien) noch nicht gefunden hat. 
[Szene 17] Diese Szene ist eine Handlung zwischen Mee Lan als Prinzess und Wu Tsing als siegreich heimgekehrtem Prinz. Der Prinz beteuert Mee Lan seine Liebe zu ihr, indem er ihr alle seine heldenhaften Taten als Beweise seiner Liebe auflistet. Mee Lan aber weist ihm zurecht, das er für den Kaiser von China gekämpft hat und sein Sieg mit der Liebe nichts zu tun hat. Da fühlt der Prinz sich betrogen und bedroht, dass er das Reich nicht mehr vor dem aufständischen Volk schützen, sondern die Tore selbst öffnen wird. Mee Lan erwidert ihm deutlich, dass sie sein Glück nicht sein wird, weil er nur an Glück durch Macht glaubt. 
[Szene 18] Das Hofgefolge wird nochmals aufgestellt. Nun erscheint der Kaiser auf dem Thron. Er eröffnet das kaiserliche Gericht gegen einen stummen Jungen, den er als Min Ko, der Stimme des Volkes, also seinen "letzten Widersacher" ansieht. Der arme Junge muss gestehen, dass er Min Ko sei und den Hochverrat begangen hat. Der Heutige zeigt dem Kaiser seinen Widerspruch: Der Kaiser sucht die Stimme des Volkes, um das Volk zum Schweigen zu bringen, nun hat er einen Stummen vor sich, doch hat umso größere Angst vor ihm. Da der Junge wirklich kein Wort aufbringen kann, betrachtet der Kaiser sein Schweigen als eine Trotzreaktion gegen ihn und sein Gefolge und wird immer wütender. Endlich brüllt er anstelle der "Stimme des Volk" alle Untaten, die er selbst begangen hat, und lässt ihn schwer foltern. 
[Szene 19] Mee Lan und der Heutige bleiben allein, nachdem der Kaiser und sein Gefolge wegziehen. Mee Lan ist zutiefst enttäuscht, dass der heutige die Folterung des stummen Jungen nicht verhindert hat und sein modernes Wissen überhaupt nichts geholfen hat. Der Heutige erklärt ihr, dass er nicht imstande ist, die Welt zu verändern. Zwei heutige Gestalten--Wirtschaftsführer, bekannt als Cut und Frack--treten auf und unterhalten sich über ihr Treffen mit allerlei Figuren. Brutus tritt hinzu und vergleicht die heutige Welt mit der seinigen und warnt sie vor der Tyrannei in der demokratischen Verkleidung. Der heutige verteidigt sich nochmals Mee Lan gegenüber. Schließlich zeigt er ihr, was er getan hätte: sich als Opfer hinzugeben. 
[Szene 20] Hwang Ti erklärt Cleopatra, dass die Große Mauer nun dringend benötigt wird, da die Lage sehr ernst ist. Der Heugtige erscheint nochmals vor dem Kaiser. Er sagt Hwang Ti, dass der Aufstand schon da ist und das Volk nicht berechenbar ist. Dann gibt er sich als Min Ko, Stimme des Volks an. Nachdem er lange den Kaiser belehrt hat, dass ein Tyrann heutzutage ein Tyrann der ganzen Menschheit sei, und ihm und seinem Gefolge ein furchtbares Bild der Welt nach der radioaktiven Zerstörung bemalt hat, verleiht ihm Hwang Ti ironischerweise den "Grossen Preis des Kung Fu Tse". 
[Szene 21] Die Aufständischen mit Armbinden und Maschinenpistolen sind da. Hwang Tis Gesellschaft zieht weg und lässt ihn allein mit den Aufständischen. Der Anführer ist Wu Tsiang, der ehemalige enttäuschte Prinz. Durch den Aufstand will er selbst ein Tyrann werden. Als er den Befehl gibt, Hwang Ti zu liquidieren, mischt der Heutige ein. Er entlarvt Wu Tsiangs Tat als ein Spiel und verlang von der Mutter der Stummen, die Wahrheit zu sagen, dass sein Sohn nicht Min Ko, sondern nur ein stummes Kind ist. Die Mutter besteht aber, von der Eitelkeit getrieben, darauf, dass sie stolz auf seinen Sohn sei, der doch fähig ist, die Stimme des Volkes gegen den Kaiser und das Kaiserreich zu verbreiten. Frisch zeigt uns damit sein tief pessimistisches "Welttheater". 
[Szene 22] Brutus und beide Wirtschaftskapitäne diskutieren weiter über den Aufstand. Brutus klagt die Wirtschaftskapitäne wegen der offenen Tyrannei an. Da diese Tyrannei die Mitte der Bühne lange nach dem Sturz Caesars behalten kann, schließt er: "Getrost! -- als Sorte bleibt ihr an der Macht." 
[Szene 23] Die Farce hat von neuem angefangen. Die Polonaise der Masken tritt auf. Sie bewegen sich wie die Figuren in einer Spieluhr. Jede Figur wiederholt ihre typische Phrase, die ihre Eigenschaft charakterisiert. 
[Szene 24--Diese Szene gibt es in der Version für Paris, 1972 nicht.] Mee Lan und der Heutige stehen auf der Bühne. Der eine ist verloren und die andere ist beschämt und beleidigt. Von nun an bleiben sie miteinander immer zusammen.

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